Ich heiße Katharina, bin 18 Jahre alt und habe im Juni 2020 mein Abitur gemacht. Da ich nicht genau wusste, was ich studieren will, habe ich mich für einen Freiwilligendienst entschieden.
Die Einsatzstelle, in der ich seit September 2020 als Bufdi arbeite, ist die „Brücke“ in Weißenburg. Diese Tagesstätte für psychisch erkrankte Menschen ist eine Einrichtung des AWO Kreisverbandes Mittelfranken-Süd. Sie soll Menschen dabei unterstützen, Struktur in ihren Alltag zu bringen und gleichzeitig die Möglichkeit bieten, soziale Kontakte zu pflegen.
Schon morgens, wenn ich die „Brücke“ betrete, werde ich von ein paar Besucherinnen und Besuchern begrüßt. In der Cafeteria können sie ihren Tag beginnen, Zeitung lesen, Kaffee trinken oder sich an den täglichen Angeboten beteiligen. „Haben Sie Lust auf eine Runde Kniffel?“, frage ich dann manchmal, und oft freut sich die angesprochene Person und wir spielen eine Zeit lang. Wenn nicht, setze ich mich einfach dazu und wir unterhalten uns. Auch der Cafeteriaverkauf, das Desinfizieren und ab und zu Unterstützung im Arbeitsangebot gehören zu unseren Aufgaben – denn außer mir ist auch Alex seit kurzem Bufdi in der „Brücke“.
Unterschiedliche Angebote
Die Angebote sind sehr unterschiedlich und reichen von der Rhythmusgruppe, Medienangeboten und Entspannungsrunden über Infos zum aktuellen Zeitgeschehen bis hin zu Gemeinschaftsspielen, Kreativangeboten und verschiedenen Ausflügen. Natürlich ist die Auswahl durch die aktuelle Situation stark eingeschränkt, sodass vor allem Wanderungen an der frischen Luft oder Waldbaden angeboten werden. Es gibt aber auch Ausflüge zu Wochenmärkten und Kunstausstellungen oder Fahrten in umliegende Sozialkaufhäuser. Normalerweise organisiert die Brücke auch Reisen, zum Beispiel ein Wochenende nach Prag oder eine Reise auf die kanarische Insel Gran Canaria, aber auch die können zurzeit natürlich nicht stattfinden. Allgemein wäre es sicherlich nochmal eine ganz andere Erfahrung, die Tagesstätte ohne Corona zu erleben, ohne Maske, Abstand und Schichtsystem, aber dafür mit mehr Möglichkeiten und vor allem auch mehr Menschen.
Seit März 2020 kommen die Besucherinnen und Besucher der Tagesstätte wegen Corona in zwei Schichten – eine vormittags, eine nachmittags, damit sich weniger
Menschen gleichzeitig in der Einrichtung aufhalten. Dadurch gibt es auch zweimal Mittagessen, für jede „Schicht“ einmal. Ich habe am Veggie-Dienstag auch schon einmal für ungefähr 25 Personen gekocht, z.B. Spinatlasagne – mein Lieblingsessen – und obwohl das ganz schön anstrengend sein kann, unter Zeitdruck für so viele Menschen ein leckeres Mittagessen zuzubereiten, macht mir das gemeinsame Kochen auch immer viel Spaß!
Erfahrung sammeln
Weil es mir in der „Brücke“ so gut gefällt, habe ich beschlossen meinen Vertrag zu verlängern. Mein ursprünglicher Plan bestand darin, nach sechs Monaten freiwilligem Engagement gemeinsam mit einer Freundin mit dem Rucksack durch Kenia zu reisen. Corona hat mir dabei aber – wie vielen anderen jungen Menschen auch – einen Strich durch die Rechnung gemacht. Als abzusehen war, dass es vorerst für mich nicht möglich sein würde, diese Reise zu machen, war ich froh, meinen Vertrag verlängern zu können. So kann ich weiterhin in der „Brücke“ arbeiten und dabei Erfahrungen sammeln.
Das ist für mich auch einer der Vorteile meines Freiwilligendienstes: Statt blind in ein Studium zu starten, von dem ich nicht gewusst hätte, ob es mir überhaupt gefallen würde, kann ich jeden Tag in meine Einrichtung gehen, sehe dort verschiedene Menschen und habe eine abwechslungsreiche Aufgabe, die ich gerne mache. Außerdem hatte ich nach der Schulzeit oft das Gefühl, dass ich mir zwar viel Wissen
angeeignet, aber andere wichtige Fähigkeiten wie Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein nicht gelernt hatte.
Diese Möglichkeit habe ich in den sogenannten „Psychiatrie-Halbestunden“, in denen wir mit unseren Fragen rund um die Psychiatrie zu unseren Kolleginnen und Kollegen kommen können. Dann werden uns unter anderem Fachbegriffe erklärt, sodass wir auch Klinikberichte besser verstehen können. Ein anderes Highlight war für mich in diesem Zusammenhang, dass mir ein Betroffener bereitwillig von seinem Leben mit einer schizophrenen Psychose und seinen Medikamenten erzählt hat.
Auch ich bin aktuell von Corona betroffen, denn meine Mutter, die in einem Pflegeheim arbeitet, in dem es ein Ausbruchsgeschehen gab, wurde positiv auf das Virus getestet. Damit kamen die Regelungen wie Abstand halten und Maske tragen, die man sonst von der Arbeit kennt, auch zu uns nach Hause. Nachdem ich nun fast vierzehn Tage als Kontaktperson 1 in Quarantäne verbracht habe, freue ich mich schon darauf, anschließend wieder in die „Brücke“ gehen zu können, wo ich viele nette Menschen um mich herum habe!
Katharina Pflock
Dieser Artikel ist außerdem erschienen im "Magazin ECHT" (Ausgabe 2/2021) - Das Magazin für den Bundesfreiwilligendienst des Bundesamts für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben in Köln. Weitere Infos unter: www.bundesfreiwilligendienst.de/service/magazin-echt.html